Sonntag, 2. Mai 2010
Der Hinkelstein im Park von Nierstein
Video: "Der Hinkelstein im Park von Nierstein" von "urzeit" bei "YouTube"
Nierstein (welt-der-steinzeit) – In einem Park von Nierstein am Rhein (Kreis Mainz-Bingen) steht – weitgehend von den Besuchern/innen unbeobachtet - ein seltener archäologischer Fund aus der Jungsteinzeit oder Bronzezeit. Dabei handelt es sich um einen mehr als mannshohen Menhir oder wie man in Rheinhessen sagt „Hinkelstein“.
„Der Ausdruck Menhir ist eine bretonische Bezeichnung keltischen Ursprung für ein hochkantig aufgerichtetes Steinmal. Er bedeutet Langer Stein (men = Stein, hir = lang) und fand bereits Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts als wissenschaftlicher Begriff Eingang in die archäologische Fachliteratur Frankreichs. Schon sehr bald wurde diese Bezeichnung auch für ganz Europa übernommen.“
Diese Erklärung findet man in dem Taschenbuch „Das Rätsel der Menhire“ von Dr. Detert Zylmann. Weiter heißt es dort: „Der volkstümliche Name, der insbesondere im westdeutschen Raum gebräuchlich ist, lautet Hinkelstein. Bereits im Mittelalter findet sich der Name Hinkelstein, eine missverständliche Ableitung des Wortes Hünenstein (= Riesenstein) über Hühnerstein zum mundartlichen Hinkelstein. Daneben kennen wir Bezeichnungen wie Langer, Breiter, Hoher, Spitzer oder Dicker Stein, um nur die häufigsten zu nennen.“
Der Titel „Das Rätsel der Menhire“ von Dr. Detert Zylmann ist bei „GRIN Verlag für akademische Texte“ unter der Internetadresse http://www.grin.com/e-book/92304/das-raetsel-der-menhire als gedruckte Taschenbuch oder elektronische E-Book im PDF-Format erhältlich.
Dass kaum jemand weiß, dass sich im Park von Nierstein ein „Hinkelstein“ befindet, liegt daran, dass nirgendwo ein Hinweis zu lesen ist, worum es sich bei diesem Stein handelt. Der Menhir wird optisch sehr unschön von zwei hohen, grünen Stangen der Parkbeleuchtung eingerahmt. In geringer Entfernung gibt es eine Parkpark.
Auf den ersten Blick wirkt der „Hinkelstein“ in Nierstein gar nicht wie ein Jahrtausende alter Zeuge aus der Steinzeit oder Bronzezeit. Denn auf seiner Vorderseite ist ein Kreuz eingemeißelt. Dieses entstand erst lange nach der heidnischen Zeit, in welcher der Menhir eine Rolle in der Religion prähistorischer Menschen spielte. Noch vor wenigen Jahrhunderten erhofften sich Frauen, die einen „Hinkelstein“ berührten oder umtanzten, Glück in der Liebe und reichen Kindersegen.
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Inhaltsangabe des Taschenbuches „Das Rätsel der Menhire“ von Dr. Detert Zylmann:
Was hat die Menschen der jüngeren Steinzeit ab Mitte des 5. Jahrtausends v.Chr. bewogen, tonnenschwere und bis zu 21 Meter hohe Steinmale, die Menhire oder „Hinkelsteine“, zu errichten? Wie schaffte man es, diese Kolosse zu transportieren und aufzustellen? Welchen Zweck hatten die meistens freistehend, einzeln, in Kreisen oder manchmal sogar zu Tausenden in Reihen angeordneten Kolosse? Mit solchen Fragen befasst sich der Mainzer Archäologe Dr. Detert Zylmann in seinem Buch „Das Rätsel der Menhire“. Obwohl Wissenschaftler sie sorgfältig untersuchten und mancherlei Fantasten glaubten, das Rätsel um diese Steine gelöst zu haben, blieben die Menhire bis heute von Geheimnissen umwittert. Unbestritten ist nur, dass sie eine kultisch-religiöse Funktion hatten. Vielleicht dienten diese eindrucksvollen Steinmale einst als Götteridole, phallische Kultdenkmäler, Opferpfähle, Gerichtsstätten, Ahnenkultmale, Ruhesitze für umherschwebende Seelen oder als „Ersatzleiber“ Verstorbener, an denen die Hinterbliebenen Abschied nehmen konnten. Über Jahrtausende hinweg – von der Steinzeit bis in die Gegenwart – zogen Menhire immer wieder Menschen in ihren Bann. Einige der mysteriösen Steinmale konnten sich angeblich zu hohen Feiertagen drehen oder sie gaben Weh- und Klagelaute von sich, wenn jemand sein Ohr an sie legte. Von anderen erhofften sich Abergläubische durch ihre Berührung einen segensreichen Einfluss auf die Liebe und den Kindersegen oder die Heilung von Krankheiten. Menhire hat man zu unterschiedlichen Zeiten in Europa, Asien, Afrika und Amerika aufgestellt. Besonders eindrucksvoll wirken die Menhir-Alleen von Ménec, Kermario und Kerlescan im französischen Departement Morbihan auf Betrachter. In Deutschland können die letzten steinernen Zeugen eines unbekannten prähistorischen Kultes in Baden-Württemberg, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern bewundert werden. Der Archäologe Detert Zylmann wurde 1944 in Hamburg geboren. Nach dem Studium der Vor- und Frühgeschichte, Ethnologie und Anthropologie in Hamburg und Mainz promovierte er 1980 in Mainz. Nach zweijähriger Tätigkeit am Institut für Denkmalpflege in Hannover, Dezernat Inventarisation, übernahm er 1983 die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters bei der Archäologischen Denkmalpflege Mainz. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.