Sonntag, 3. Juni 2007

So begann der Handel in der Steinzeit

RekordederUrzeit_01

Seltene Steinarten und Schmuckschnecken waren erste Handelswaren

Wiesbaden (welt-der-steinzeit) - Die ersten Tauschgeschäfte gab es in der Zeit des Aurignacien vor mehr als 30000 Jahren. Sie erfolgten bei Begegnungen mit fremden Jägern und Sammlern, die man bei Jagdexpeditionen oder bei Wanderungen zu neuen Lagerplätzen traf. Dabei wechselten seltene Steinarten und als Schmuck geschätzte formschöne Muscheln oder Schneckengehäuse den Besitzer. Die Tauschobjekte stammen teilweise aus weit entfernten Gebieten. Auf rege Tauschgeschäfte zu so früher Zeit deutet ein Versteck von etwa 8000 kleinen Meeresmuscheln in der Grotte du Cavillon bei Grimaldi in Italien hin. Manche Prähistoriker bringen dieses Schmuckdepot jedoch mit Opfergaben in Verbindung.

Nachzulesen ist dies in dem inzwischen vergriffenen Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst. Nachfolgend eine Leseprobe aus diesem Taschenbuch:

Die frühesten Tauschgeschäfte in Deutschland wurden im Aurignacien vor mehr als 30000 Jahren abgeschlossen. Als Beweis dafür gilt ein in der Geißenklösterlehöhle in Baden-Württemberg entdeckter, von Menschenhand bearbeiteter Anhänger aus grünlichbraunem Speckstein, wie er im Fichtelgebirge (Bayern) oder in der Schweiz vorkommt.

Die ersten Tauschgeschäfte in Österreich sind ebenfalls aus dem Aurignacien vor mehr als 30000 Jahren dokumentiert. Von der Fundstelle Kamegg in Niederösterreich kennt man Schmuckschnecken aus Südungarn und aus dem Gebiet des ehemaligen nördlichen Jugoslawien. In Krems-Hundssteig (Niederösterreich) wurden Schmuckschnecken aus dem Mittelmeer geborgen. Und in Langmannersdorf hat man einen Bemsteinanhänger entdeckt, der auf dem Tauschweg nach Niederösterreich gelangt sein dürfte. Dies sind die ältesten Fälle von "Schmuckhandel" in Österreich.

Die ersten Tauschgeschäfte in der Schweiz sind für die Zeit des Magdalénien vor mehr als 11500 Jahren nachgewiesen. Das zeigen zahlreiche Schmuckfunde aus fremden Gegenden, die in Höhlen der Nordostschweiz zum Vorschein kamen. So stammen die Schmuckschnecken aus der Kastel- und Kohlerhöhle (beide im Kanton Bern), dem Abri Chesselgraben und der Rislisberghöhle (beide im Kanton Solothurn) und aus der Hollenberghöhle 3 (Kanton Basel-Land) entweder aus Deutschland (Mainzer Becken), Belgien (Belgisches Becken) oder aus Frankreich (Pariser Becken). Andere Schmuckschnecken aus nordwestschweizerischen Höhlen sind im Mittelmeergebiet oder in der Region der oberen Donau aufgelesen worden. Diese Schmuckstücke dürften über viele Zwischenhändler in die Schweiz gelangt sein.

Die meisten Tauschgeschäfte in der Steinzeit gab es in deren letztem Abschnitt. In der Jungsteinzeit (vor etwa 5500 bis 2000 v. Chr.) wurden die Menschen nämlich durch Ackerbau, Viehzucht, Töpferei und andere neue Errungenschaften in die Lage versetzt, mit den Überschüssen ihrer Produktion rege Tauschgeschäfte zu betreiben. Getauscht werden konnte mit Saatgut, Getreidemehl, Haustieren, formschönen und dekorativen Tongefäßen, seltenen Steinarten. Schmuckschnecken und Muscheln. Nach der Entdeckung der Metallbearbeitung kamen noch Kupfer, Gold und Silber dazu.

Das beliebteste Tauschobjekt der ersten Bauern in Deutschland zur Zeit der Linienbandkeramischen Kultur vor etwa 5500 bis 4900 v. Chr. dürfte die Spondylus-Muschel gewesen sein. Diese Muschelart wurde vermutlich aus Südosteuropa importiert. Aus Spondylus-Muscheln hat man Schmuckstücke und Gürtel hergestellt. Spondylus-Muscheln kamen unter anderem in Aiterhofen-Ödmühle und Sengkofen (beide in Bayern) sowie in Bornstedt und Wulfen (beide in Sachsen-Anhalt) zum Vorschein.

Die ersten Tauschgeschäfte mit Kupfergeräten in Europa sind vor mehr als 4000 v. Chr. erfolgt. Auch in Deutschland hat man Belege für derart frühen "Kupferhandel" entdeckt. Dazu gehören eine Kupferart aus Auleben in Thüringen und ein Kupfermeißel aus Schernau in Bayern.

Die frühesten Tauschgeschäfte mit Gold dürften um 4000 v. Chr. abgeschlossen worden sein. Dies kann man aus den reichen Goldfunden von Varna in Bulgarien schließen. Solche Raritäten haben vermutlich auch auf dem Tauschweg den Besitzer gewechselt.

Die ältesten Tauschgeschäfte mit Gold in Deutschland sind aus der Zeit der Trichterbecher-Kultur vor mehr als 3000 v. Chr. bekannt. Dabei handelt es sich um je einen goldenen Armring aus Himmelpforten in Niedersachsen und aus Schwesing in Schleswig-Holstein. Das Gold, aus dem diese Schmuckstücke angefertigt wurden, soll aus Irland oder Siebenbürgen stammen.

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