Dienstag, 5. Juni 2007

Als die Jäger zu Bauern wurden

Ackerbau

Vor 11500 Jahren begann die Landwirtschaft

Die ältesten Hinweise auf Ackerbau fand man in dem sichelförmigen Gebiet von Palästina bis zum Persischen Golf, das "Fruchtbarer Halbmond" genannt wird. Dort gediehen Wildformen von Getreide wie Einkorn, Emmer und Gerste sowie einige Gemüsearten wie Erbsen und Linsen. In Palästina ernteten Jäger bereits vor etwa 15000 Jahren gelegentlich wildwachsendes Getreide und verzehrten dessen Körner. Angebaut wurde Getreide schon zwischen 9500 und 8500 v. Chr. in der Siedlung Ain Mallaha im nördlichen Israel. An diesem Fundort entdeckte man Klingen und andere Teile von Sicheln zum Abschneiden der Getreidehalme sowie große Mörser aus Stein zum Zerquetschen der Getreidekörner.

Die frühesten Bauern Griechenlands waren die ersten Ackerbauern Europas. Sie pflanzten um 6000 v. Chr. die Getreidearten Emmer, Einkorn, Gerste und Hirse sowie Hülsenfrüchte Linsen) an. Weil sie keine Keramik herstellten, wird diese Phase als akeramisches oder präkeramisches Neolithikum bezeichnet.

Die ersten Ackerbauern in Deutschland sind ab etwa 5500 v. Chr. nachweisbar. Sie gehörten zwei Kulturstufen an. Die eine ist die nach einem französischen Fundort bezeichnete La-Hoguette-Gruppe, die andere ist die nach der typischen Verzierung ihrer Tongefäße benannte Linienbandkeramische Kultur. Bei den La-Hoguette-Leuten deuten Getreidereste, die man dem Ton von Gefäßen beimengte, und große Vorratsgefäße auf Ackerbau hin. Besser ist der Ackerbau bei den Linienbandkeramikern belegt. An linienbandkeramischen Fundorten fand man Reste von steinernen Erntesicheln, Getreide (Einkorn, Emmer, Gerste), Linsen, Erbsen, Schlafmohn und Mahlsteine. Die Linienbandkeramiker gelten auch als die frühesten Ackerbauern von Österreich, der Tschechoslowakei, von Polen, Holland und der Schweiz.

Die ältesten Getreidereste aus Syrien hat man in den Siedlungen von Abu Hurreira am rechten Ufer des Euphrat und von Muraibit geborgen. Die Getreidereste von Abu Hurreira stammen aus der Zeit um 8500 v. Chr. Dabei handelt es sich um Wildgetreide. In jüngeren Fundschichten dieser Siedlung aus der Zeit zwischen 7500 und 6000 v. Chr. entdeckte man auch angebautes Getreide und Hülsenfrüchte. Die Hinweise auf Getreidenutzung in Muraibit fallen in die Zeit von 9000 bis 7000 v.Chr. Uber längere Zeit hinweg kultiviertes Getreide - Kulturgetreide genannt - unterscheidet sich von Wildgetreide durch zunehmende Stabilität der Ährenachse. Deshalb verlor Kulturgetreide bei der Ernte viel weniger Ähren und Körner als Wildgetreide, bei dem die Ährenachse leicht in einzelne Ährchen und Körner zerfiel, was der weiten Verbreitung sehr förderlich war. Auch die kultivierten Erbsen und Linsen unterschieden sich von den Wildformen dadurch, daß ihre reifen Hülsen geschlossen blieben, während bei den Wildformen die reifen Hülsen aufsprangen und die Samen fortschleuderten.

Die ältesten Ackerbaugeräte wurden in Israel und im Irak entdeckt. In der israelischen Siedlung Ain Mallaha aus der Zeit zwischen 9500 und 8500 v. Chr. fand man Klingen und andere Teile von Sicheln zum Abschneiden der Getreidehalme sowie große steinerne Mörser zum Zerquetschen der Getreidekörner. In Zaw-e Chami Shanidar im Irak barg man steinerne Erntesicheln und Mahlsteine.

Als die ältesten Dreschgeräte gelten Steine oder Knüppel, mit denen man wohl schon vor mehr als 9000 v. Chr. durch Schlagen oder Stampfen die Getreidekörner aus den Spelzen herausdrückte.

Die ältesten Erntesicheln in Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei stammen aus Siedlungen der Linienbandkeramischen Kultur (vor etwa 5500 bis 4900 v. Chr.). Diese Sicheln hatten eine bogenförmige Holzfassung, in die mehrere Feuersteinklingen gesteckt wurden. An solchen Erntegeräten ist häufig der sogenannte Sichelglanz zu beobachten, der durch den Kontakt der Feuersteinklingen mit der in den Getreidehalmen enthaltenen Kieselsäure entstand.

Die ältesten Mahlsteine in Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei kennt man aus Siedlungen der erwähnten Linienbandkeramischen Kultur, die hier ab etwa 5500 v. Chr. nachweisbar ist. Sie bestanden aus einer größeren Steinplatte - Unterlieger genannt -, auf die man die Getreidekörner schüttete und mit einem länglichen Läuferstein zerquetschte. Auf diese Weise konnte man nach etwa drei Stunden Arbeit etwa 3 Kilogramm Mehl herstellen.

Die ersten Pflüge, mit denen man den Ackerboden lockerte, wurden wahrscheinlich um 3500 v. Chr. entwickelt. Darstellungen des Pfluges aus der Zeit um 3000 v. Chr. kennt man unter den Schriftzeichen der Sumerer in Uruk.

Die frühesten Pflugspuren Europas entdeckte man aus der Zeit der Trichterbecher-Kultur um 3500 v. Chr. Man fand solche Pflugspuren dieser Kultur unter Gräbern in Dänemark (Steneng bei Tondem in Südjütland, Lundehoj auf der Insel Mon), in Polen (Sarnowo bei Wloclawek) und in Holland (Zandwerven).

Die ältesten Pflugspuren Deutschlands stammen aus der Zeit der Einzelgrab-Kultur (vor etwa 2800 bis 2400 v. Chr.). Sie kamen unter einem Grabhügel von Hasbergen (Kreis Osnabrück) in Niedersachsen zum Vorschein und wurden von einem Hakenpflug verursacht. Ähnlich alt sind Spuren von Hakenpflügen unter Grabhügeln in Holland und Dänemark.

Die frühesten Pflugspuren der Schweiz wurden möglicherweise auf dem Hügel Heidnischbühl bei Raron im Kanton Wallis entdeckt. Sie befanden sich in Nähe einer Siedlung der Cortaillod-Kultur. Wenn diese Pflugspuren von einen Bauern der Cortaillod-Kultur hinterlassen wurden, was nicht ganz sicher ist, dann wären sie vor mindestens 3500 v. Chr. geschaffen worden.

Der älteste hölzerne Pflug Europas wurde 1956 in Deutschland entdeckt. Er kam in einem Baggerloch von Duisburg-Rheinhausen (Nordrhein-Westfalen) zum Vorschein. Bei dem Fund handelt es sich um einen 88 Zentimeter langen Pflug aus Eichenholz mit einem 40 Zentimeter langen Haken. Er wird in die Zeit um 2300 v. Chr. datiert. Der seltene Fund ist im Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg zu sehen.

Der erste Anbau der Getreidearten Emmer, Einkorn und Gerste reicht im Gebiet des "Fruchtbaren Haibmondes" bis vor mehr als 8500 v. Chr. zurück.

Die ersten Erbsen und Linsen hat man vor mehr als 8500 v. Chr. Im Gebiet des "Fruchtbaren Halbmondes" in Vorderasien geerntet.

Der früheste Anbau von Getreide in Europa ist in Griechenland betrieben worden. Dort hat man schon um 6000 v. Chr. die Getreidearten Emmer, Einkorn, Gerste und Hirse angepflanzt. Dies belegen die Funde aus der Siedlung Argissa Magula am linken Ufer des Peneios in Thessalien.

Der erste Anbau von Hirse ist vor mehr als 6000 v. Chr. in Nord-China erfolgt, Reis wurde dort etwas später angepflanzt. In Afrika hat man Hirse um 5000 v. Chr. gezüchtet.

Der erste Anbau von Getreide (Einkorn, Emmer, Gerste), Hülsenfrüchten (Erbsen. Linsen) und Schlafmohn in Deutschland wurde von Bauern der Linienbandkeramischen Kultur vor etwa 5500 bis 4900 v.Chr. betrieben.

Die ersten Bohnen wurden vor mehr als 5000 v. Chr. in Mesoamerika geerntet.

Der früheste Anbau von Kartoffeln ist im Andenhochland in Südamerika um 5000 v.Chr. belegt.

Der erste Anbau von Chilipfeffer, Mais und Kürbissen ließ sich im Andenhochland in Südamerika um 5000 v. Chr. nachweisen.

Der früheste Anbau von Bananen, Zitrusfrüchten und Kokosnüssen geschah um 5000 v. Chr. in Südostasien und Ozeanien. Bisher liegen hierfür nur wenige archäologische Hinweise vor.

Als erste Haustiere des Menschen gelten gezähmte Jungwölfe, deren Eltern von den Jägern getötet wurden. Mit solchen Vorläufern der Haushunde gingen bereits die Jäger aus der Zeit des Magdalénien vor etwa 13000 Jahren zur Pirsch. So alt sind die frühesten Nachweise von Haushunden aus Oberkassel bei Bonn (Nordrhein-Westfalen), aus der Kniegrotte bei Döbritz (Thüringen) und aus der Gnirshöhle bei Engen-Bittelbrunn (Baden-Württemberg). Daß die Zähmung von Wölfen auch in anderen Gebieten der Erde zu ähnlich früher Zeit gelungen ist, belegen die Funde aus der 13000 Jahre alten ukrainischen Freilandstation Mezin, aus ungefähr 12000 Jahre alten Siedlungsresten der Palegawrahöhle im Irak und unter ähnlich alten Grabbeigaben bei Ain Mallaha in Israel.

Die ältesten Reste von Hausziegen kamen in Siedlungsschichten von Jericho in Jordanien zum Vorschein. Sie stammen aus der Zeit früher als 6500 v. Chr. Nach den Funden zu schließen, haben dort damals die Hausziegen die wildlebenden Gazellen als Hauptfleischlieferanten verdrängt. Aus der ebenfalls vor mehr als 6500 v. Chr. existierenden Siedlung Ganj-Dareh im Iran kennt man Hufabdrücke von Hausziegen in Lehmziegeln.

Die frühesten Hausschafe wurden mindestens 6000 v. Chr. in der Siedlung von Abu Hurreira am rechten Ufer des Euphrat in Syrien gehalten. Ihre Reste hat man zusammen mit denen von Hausziegen geborgen.

Die ersten Hausschweine kennt man aus der vor mehr als 6000 v. Chr. existierenden Siedlung Cayöny in der Turkei. Dort hielt man neben Hausschweinen auch Hausschafe und -ziegen.

Die ältesten Reste von Hausrindern sind zusammen mit Knochen von Hausschafen in der vor mindestens 6250 v. Chr. bestehenden Siedlung Can Hasan in der Türkei entdeckt worden. Frühe Haltung von Hausrindern ist daneben vor mehr als 6000 v. Chr. in Argissa Magula bei Larissa in Thessalien (Griechenland) und vor mehr als 5500 v.Chr. in Catal Hüyük bei Cumra in der Türkei belegt.

Die frühesten Hausrinder, -ziegen, -schafe und -rinder in Deutschland wurden von Bauern der Linienbandkeramischen Kultur vor etwa 5500 bis 4900 v. Chr. gehalten. Reste von diesen Haustieren hat man in zahlreichen Dörfern der Linienbandkeramiker entdeckt.

Die ersten Hauspferde sind bereits um 4000 v. Chr. in der Ukraine gezüchtet worden. Sie dienten schon als Reitpferde.

Die frühesten Reste von Hauspferden in Deutschland fand man aus der Zeit vor mehr als 3000 v. Chr. Sie stammen aus der Trichterbecher-Kultur in Norddeutschland, der Walternienburg-Bernburger-Kultur in Mitteldeutschland und der Altheimer Kultur in Süddeutschland.

Die ersten gezähmten Esel wurden früher als 3000 v. Chr. in Ägypten als Lasttiere eingesetzt. Vor etwa 5000 Jahren gab es auch in Mesopotamien die frühesten Hausesel.

Die frühesten Hausgänse wurden schätzungsweise 3000 v. Chr. von den Ägyptern gehalten. Dies geschah, um den großen Bedarf an Geflügel für Speiseopfer decken zu können.

Die ersten gezähmten Pfaue wurden um 2500 v. Chr. in Indien gehalten. Vermutlich sind ihre stolze Erscheinung und das farbenprächtige Gefieder maßgeblich für die Übernahme als Haustier gewesen. Pfaue können als Jungtiere gut gemästet werden und haben schmackhaftes Fleisch.

Die ersten gezähmten Yaks kennt man aus der Zeit um 1500 v. Chr. in Sibirien. Der mächtige Wild-Yak lebt heute nur noch in entlegenen Gebieten Hochasiens, besonders in Tibet. Der merklich kleinere Haus-Yak (auch Grunzochse genannt) diente in den zentralasiatischen Hochländern als Last-, Reit- und Milchtier.

Die ältesten Berichte über Hauskatzen stammen aus der Zeit um 1800 v. Chr. in Ägypten. Von den Ägyptern wurden Katzen für Wesen gehalten, in denen sich bestimmte Gottheiten verkörpern konnten. Der ägyptische Name für die Katze war Mau und beruhte auf ihrer Lautäußerung.

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Dieser Text ist eine Leseprobe aus dem Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" des Wissenschaftsautors Ernst Probst.

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