Leseprobe aus dem inzwischen vergriffenen Taschenbuch "Rekorde der Urzeit" des Wissenschaftsautors Ernst Probst:
Die größten Vormenschen der Gattung Australopithecus wurden bis zu 1,40 Meter groß. Dieses Maß erreichten jedoch nur die Männer. Die Frauen waren mit maximal 1,20 Meter deutlich kleiner. Der Größenunterschied zwischen den Geschlechtern wird als Sexualdimorphismus bezeichnet.
Der größte Frühmensch der Art Homo erectus wurde nahe des Turkanasees in Kenia (Afrika) entdeckt. Dabei handelt es sich um das Skelett eines etwa 12 Jahre alten Jungen, der erstaunlicherweise 1,68 Meter groß war. Vielleicht hätte er als Erwachsener eine Körperhöhe von 1,80 Meter erreicht. Bis zu diesem Fund nahm man an, daß die Frühmenschen der Art Homo erectus maximal 1,60 Meter groß wurden. Der Junge hat vor mehr als 1,5 Millionen Jahren gelebt und gilt als einer der am besten erhaltenen Funde von Homo erectus.
Die größten Neandertaler aus der Zeit zwischen etwa 300 000 und 35 000 Jahren erreichten eine Körperhöhe bis zu 1,60 Meter. Sie hatten eine untersetzte und kräftige Statur.
Der größte Jetztmensch aus dem Eiszeitalter wurde in Pavlov in der Tschechoslowakei entdeckt. Es war ein etwa 1,85 Meter großer Mann, der vor mehr als 20 000 Jahren lebte. Er wird in die Kulturstufe des Pavlovien datiert.
Der kleinste Fund eines Jetztmenschen aus dem Eiszeitalter stammt aus Süditalien. Es war ein 17 Jahre alter junger Mann, der vor etwa 11 000 Jahren lebte und eine Körpergröße von knapp über 1 Meter hatte. Dieser Fund gilt als einer der ältesten Nachweise von Zwergwuchs.
Die größten Jäger, Fischer und Sammler aus der Mittelsteinzeit (vor etwa 8 000 bis 5 000 v. Chr.) wurden selten mehr als 1,70 Meter groß. Dieses Maß erreichte beispielsweise ein etwa 30 bis 40 Jahre alter Mann, dessen Skelettreste 1933 in der Falkensteinhöhle bei Thiergarten unweit von Sigmaringen (Baden-Württemberg) entdeckt wurden.
Die größten frühen Ackerbauern und Viehzüchter der jungsteinzeitlichen Linienbandkeramischen Kultur (vor etwa 5500 bis 4900 v. Chr.) erreichten eine Körpergröße bis fast 1,80 Meter. Ein Mann aus Kleinhadersdorf in Niederösterreich war beispielsweise 1,77 Meter groß.
Die größten Angehörigen der jungsteinzeitlichen Hinkelstein-Gruppe (vor etwa 4900 bis 4800 v. Chr.) waren bis zu 1,75 Meter groß. Ein solches Maß hatte ein Mann aus Offenau bei Heilbronn in Baden-Württemberg.
Die kleinste Frau der Hinkelstein-Gruppe wurde in Ditzingen bei Leonberg in Baden-Württemberg gefunden. Sie war nur 1,40 Meter groß.
Die größten Männer der Trichterbecher-Kultur (vor etwa 4300 bis 3000 v. Chr.) wurden bis zu 1, 73 Meter groß. Das zeigten die Untersuchungen der Skelettreste in einem Steinkammergrab von Sorsum bei Hildesheim in Niedersachsen. Die Frauen brachten es dagegen nur auf maximal 1,65 Meter. Die Trichterbecher-Leute gelten als die Erbauer von riesigen Großsteingräbern (Megalithgräber).
Die größten Männer der Glockenbecher-Kultur (vor etwa 2500 bis 2200 v. Chr.) wurden fast 1,80 Meter groß. Ein Mann aus Münchingen bei Ludwigsburg in Baden-Württemberg erreichte beispielsweise eine Körperhöhe von 1,77 Meter, ein Mann aus Stuttgart-Zuffenhausen maß 1,76 Meter.
Einer der größten Menschen aus der Bronzezeit wurde in einem Grabhügel von Kampen auf der Nordseeinsel Sylt entdeckt. Er hatte das Gardemaß von 1,82 Meter und lebte irgendwann nach 1400 v. Chr. im sogenannten Nordischen Kreis der Bronzezeit.
Der größte keltische Mann wurde in einem Gräberfeld zwischen Wolfersheim und Rubenheim im Saarland entdeckt. Dieser Mensch aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. war sage und schreibe 1,95 Meter groß. Er lebte im älteren Abschnitt der Vorrömischen Eisenzeit, die als Hallstatt-Zeit (vor etwa 800 bis 450 v. Chr.) bezeichnet wird.
Zu den größten Männern der Germanen gehörte ein Krieger, dessen fast 1,80 Meter langes Skelett bei Esbeck/Elm in Niedersachsen entdeckt wurde. Er hatte im 4. oder 5. Jahrhundert v. Chr. gelebt.
Der älteste Fall von Akromegalie wurde am Oberkiefer einer vor mehr als 2,5 Millionen Jahren lebenden Frau der Vormenschenart Australopithecus africanus aus Sterkfontein in Südafrika festgestellt. Als Akromegalie bezeichnet man das übermäßige Wachstum der Knochenspitzen im Sinne tumoröser Wachstumstendenzen besonders im Ober- und Unterkiefer. Die Frau von Sterkfontein wird in der Fachliteratur als "Miss Ples" bezeichnet.
Der früheste gutartige Tumor ließ sich am Unterkiefer eines Australopithecus-Vormenschen oder Homo erectus-Frühmenschen aus Kanam in Kenia nachweisen, der vor etwa 1, 5 Millionen Jahren lebte.
Der älteste Fall einer Hypervitaminose, hervorgerufen durch übermäßigen Verzehr von rohem Fleisch, ist aus der Zeit vor etwa 1,5 Millionen Jahren bekannt. An den Langknochen eines Frühmenschen der Art Homo erectus von Koobi Fora in Kenia fielen Veränderungen auf, die auf Hypervitaminose zurückzuführen sind.
Die früheste Hüftgelenksausrenkung (Luxatio coxae) ist von einem Vormenschen der Art Australopithecus robustus aus Swartkrans in Südafrika bekannt. Dieser Vormensch hat vor etwa 1 Million Jahren gelebt.
Der älteste Fall einer Muskelentzündung wurde an dem 1892 bei Trinil auf Java (Indonesien) entdeckten Oberschenkelknochen eines Frühmenschen der Art Homo erectus erkannt. Dieser Mensch litt vor etwa 700 000 Jahren an einer akuten Muskelentzündung, die unterhalb des Gelenkkopfes oberflächliche Knochenwucherungen (Verknöcherung der Muskeln) bewirkte.
Die früheste Schädeldachverdickung hat man an einem Frühmenschen der Art Homo erectus aus Java erkannt, der vor etwa 700 000 Jahren lebte. Sie entstand durch eine Bluterkrankung ähnlich der Sichelzellenanämie.
Die älteste nachweisbare Zahnbetterkrankung (Paradontitis) und schmerzhafte Arthritis der Kiefergelenke wurde bei dem Frühmenschen Homo erectus heidelbergensis aus Mauer bei Heidelberg in Baden-Württemberg festgestellt, der vor etwa 630 000 Jahren lebte. Die Arthritis dürfte durch eine Infektion oder durch übermäßiges Abkauen der Mahl- oder Schneidezähne entstanden sein. Auf sie wurde man durch die Abflachung der Gelenkfortsätze aufmerksam.
Der früheste Fall von Wachstumsstörungen läßt sich an einem späten Frühmenschen der Art Homo erectus aus Salé in Marokko ablesen. Sein unregelmäßig geformtes Hinterhaupt spiegelt Wachstumsstörungen wider. Die Angaben über das geologische Alter dieses Fundes schwanken zwischen 400 000 und 200 000 Jahren.
Die älteste Fettgewebsgeschwulst (Lipom) wurde auf den Schädelknochen eines Frühmenschen (Homo erectus bilzingslebenensis) aus Bilzingsleben in Thüringen erkannt. Sie saß am rechten Augenhöhlendach. Der daran erkrankte Frühmensch hat vor etwa 300 000 Jahren gelebt.
Die älteste nachgewiesene Knochenmarkeiterung wurde bei einem mutmaßlichen frühen Neandertaler aus Ehringsdorf bei Weimar in Thüringen festgestellt, der vor etwa 220 000 Jahren lebte. Zugleich litt er an einer eitrigen Zahnbetterkrankung.
Die ältesten Hyperostosen im Schädel (Anlagerungen neuer Knochensubstanzen) wurden an der Innenfläche des Schädeldaches des berühmten Neandertalers aus dem Neandertal bei Düsseldorf-Mettmann in Nordrhein-Westfalen festgestellt. Dieser Mensch ist vor etwa 70 000 Jahren gestorben. Solche Hyperostosen kommen häufig bei alten Leuten vor und beruhen auf pathologischen Prozessen wie Zuckerkrankheit oder Nierenerkrankungen.
Der älteste Fall einer Kiefergelenkanomalie bei einem Jetztmenschen des Typs Homo sapiens sapiens wurde am Kiefergelenk eines vor etwa 32 000 Jahren lebenden, 40 bis 50 Jahre alten Mannes aus der Vogelherdhöhle bei Stetten in Baden‑Württemberg nachgewiesen. Er muß Schmerzen beim Kauen gehabt haben. *** Das geologische Alter dieses Fundes ist umstritten! ***
Der früheste Fall von Bandscheibenschäden wurde an dem erwähnten Mann aus der Vogelherdhöhle erkannt. Er führte zum Verwachsen zweier Lendenwirbel infolge eines Bandscheibenschadens.
Der älteste Fehlbiß wurde ebenfalls bei dem erwähnten Mann aus der Vogelherdhöhle festgestellt. Er entstand durch die stark abgeschliffenen Mahlzähne.
Der älteste Nachweis von Geschwülsten (Gehirntumor oder Zysten) bei Jetztmenschen gelang am Schädel eines etwa 20 Jahre alten Mannes aus der Vogelherdhöhle, der ebenfalls vor etwa 32 000 Jahren existierte. Davon zeugt eine leichte Verwölbung der Schädeldecke. Eine Geschwulst im Schädel hatte vermutlich auch eine etwa 50 Jahre alte Frau aus Kelsterbach bei Frankfurt am Main, die vor mehr als 32 000 Jahren starb. *** Das gelogische Alter dieser Funde ist umstritten! ***
Das früheste schiefe Gesicht kennt man von einer etwa 50 bis 60 Jahre alten Frau von Binshof bei Speyer in Rheinland-Pfalz. Ihr Gesichtsskelett und der Gehirnschädel waren asymmetrisch geformt. Die Frau lebte vor etwa 22 000 Jahren. *** Das geologische Alter dieses Fundes ist umstritten! ***
Der früheste Fall von Karies in der Schweiz ist an einem mehr als 50 000 Jahre alten Neandertaler-Gebiß von Cotencher (Kanton Neuenburg) erkannt worden. Von den insgesamt zehn erhaltenen, teilweise stark abgekauten Zähnen im Oberkiefer waren zwei von Karies befallen.
Die ältesten Infektionen des Wurzelkanals von Zähnen wurden bei einer Frau aus der Mittelsteinzeit (vor etwa 8000 bis 5000 v. Chr.) festgestellt, die in Unseburg in Sachsen-Anhalt gefunden worden ist. Außerdem hatte sie Zahnstein.
Einer der frühesten Wasserköpfe wurde in der Höhle Hohlenstein-Stadel bei Asselfingen in Baden-Württemberg entdeckt. Es handelt sich um den Schädel eines zwei- bis vierjährigen Kindes, der dort zusammen mit den Schädeln einer Frau und eines Mannes zum Vorschein kam. Die drei Menschen haben früher als 5800 v. Chr. in der Mittelsteinzeit gelebt.
Die am stärksten abgekauten Zähne trug eine Frau aus Bad Dürrenberg aus Sachsen-Anhalt, die in der Mittelsteinzeit lebte. Sie waren bereits bis zur Zahnmarkhöhle abgeschliffen. Nur die Backenzähne hatten noch Kontakt beim Zubeißen.
Zu den frühesten Fällen von Gelenkverformung (Arthrosis deformans) gehören die Anzeichen für diese Krankheit an den Gelenkflächen des linken Schulter-, rechten Ellenbogen- und Kniegelenkes der erwähnten mittelsteinzeitlichen Frau aus Bad Dürrenberg. Dabei handelt es sich offenbar um Verschleißerscheinungen.
Der früheste Fall von Fehlbiß in der Schweiz liegt aus der Mittelsteinzeit um 6200 v. Chr. vor. Betroffen davon war eine Frau aus der Basisgrotte von Birsmatten (Kanton Bern), deren Zähne auf der linken Seite merklich stärker abgekaut sind als die auf der rechten. Sie hat also vorwiegend links Nahrung gekaut.
Die meisten Krebsfälle in der Jungsteinzeit wurden in einem Gräberfeld der Linienbandkeramischen Kultur (vor etwa 5500 bis 4900 v. Chr.) vom Viesenhäuser Hof bei Stuttgart-Mühlhausen beobachtet. Dort litt offenbar jeder Fünfte der hier rund 80 Bestatteten an einem bösartigen Tumor. Vielleicht hatte man an dieser Stelle einen "Seuchenfriedhof", angelegt, in dem fast ausschließlich die Opfer von schweren Krankheiten beerdigt wurden.
Die meisten Fälle von Vitaminmangel-Erkrankungen aus der Jungsteinzeit erkannte man an Skelettresten von Angehörigen der Hinkelstein-Gruppe (vor etwa 4900 bis 4800 v. Chr.) in Rheinland-Pfalz. Entsprechende Nachweise gelangen in den Gräberfeldern von Worms-Rheingewann und Worms-Rheindürkheim.
Die ältesten Falle von eitrigen Wurzelhautentzündungen wurden an den Ober- und Unterkiefern von Angehörigen der Trichterbecher-Kultur (vor etwa 4300 bis 3000 v. Chr.) in Alt Reddewitz auf der Ostseeinsel Rügen festgestellt. Auch die frühesten Nachweise der "Hockerfacette" oder die Abknickung des Schienbeinkopfes nach hinten wurden am erwähnten Fundort Alt Reddewitz erkannt. Diese Erscheinungen sind durch häufiges Hocken auf den Fersen entstanden.
Der älteste Todesfall einer schwangeren Frau aus der Jungsteinzeit ist aus Zauschwitz in Sachsen bekannt. Dort war eine Jugendliche mit einem Ungeborenen im Becken gestorben. Sie gehörte der Baalberger Kultur (vor etwa 4300 bis 3700 v. Chr.) an.
Die ältesten chronischen Schleimhautentzündungen wurden zur Zeit der Badener Kultur (vor etwa 3600 bis 2900 v. Chr.) in Österreich nachgewiesen. Daran litten ein junger Mann aus Wagram an der Traisen und ein Mann aus Lichtenwörth in Niederösterreich.
Zu den ältesten Fallen von Blutarmut (Anämien) und Wachstumsstillständen der Knochen gehören diejenigen aus Gräbern der Wartberg-Gruppe (vor etwa 3500 bis 2800 v. Chr.) in Altendorf und Calden in Hessen.
Die früheste Verbiegung des Brustbeins kennt man an einem Skelett aus Niederbösa in Thüringen, das der Walternienburg-Bernburger Kultur (vor etwa 3200 bis 2800 v. Chr.) zugerechnet wird. Als Ursache gelten Vitaminmangelerkrankungen.
Der älteste Fall eines nicht mehr beweglichen rechten Hüftgelenkes ist aus einem Grab der Schnurkeramischen Kultur (vor etwa 2800 bis 2400 v. Chr.) von Erfurt in Thüringen bekannt. Der Gelenkkopf des Oberschenkels und die Gelenkpfanne des Hüftbeins waren von der Altersgicht (Arthritis deformans) betroffen.
Zu den frühesten Turmschädeln zählt ein Fund aus Neugattersleben in Sachsen-Anhalt, welcher der Glockenbecher-Kultur (vor etwa 2500 bis 2200 v. Chr.) zugerechnet wird. Die Ursache für diese Fehlentwicklung waren frühe Entwicklungsstörungen.
Die meisten Falle von Zahnbetterkrankungen (Paradontose) wurden im frühbronzezeitlichen Gräberfeld von Großbrembach in Thüringen festgestellt, das der Aunjetitzer Kultur (vor etwa 2000 v. Chr.) angehört. Dort waren 81,6 Prozent der 108 Bestatteten an Paradontose erkrankt. An dieser Krankheit litten in Großbrembach auch schon einige Jugendliche und Kinder.
Der früheste Wurmbefall wurde in Exkrementenfunden aus der La-Tène-Zeit (vor etwa 450 v. Chr. bis Christi Geburt) vom Dürrnberg bei Hallein im österreichischen Bundesland Salzburg nachgewiesen.
Die ältesten Bißverletzungen wurden im Schädel eines vor mehr als 1 Million Jahren lebenden Vormenschen der Gattung Australopithecus entdeckt, der in einer Kalksandsteinhöhle bei Swartkrans in Südafrika zum Vorschein kam. Die Löcher im Schädel stammen von einem Leoparden, der seine Eckzähne in den Kopf eines Australopithecus geschlagen hatte.
Der früheste Unterkieferbruch ist von einem zwölfjährigen Kind von Sangiran auf Java aus der Zeit vor etwa 700 000 Jahren bekannt. Die Fraktur könnte durch einen Unfall entstanden sein und dürfte sehr schmerzhaft gewesen sein. Sie verwuchs unregelmäßig, verheilte aber gut. Vermutlich ist der Unterkiefer zeitweise ruhiggestellt und das Kind mit besonderer Nahrung versorgt worden.
Die ältesten bekannten Verletzungen von Menschen durch Waffen wurden an Schädeln von Frühmenschen aus der Zeit vor etwa 350 000 Jahren in der Höhle von Choukoutien bei Peking in China entdeckt. Von dort kennt man Skelettreste von etwa 40 Frühmenschen der Unterart Homo erectus pekinensis.
Die älteste Hiebverletzung aus Deutschland hat man an der linken Schläfenseite einer Frau entdeckt, die vor etwa 300 000 Jahren in der Gegend von Steinheim an der Murr in Baden-Württemberg existierte. Diese Frau wird zu den frühen Neandertalern oder Steinheim-Menschen gerechnet. Der Steinheimer Fund gilt als Zeugnis für eine aus rituellen Motiven erfolgte Tötung. Danach soll der Kopf der Frau vom Hals abgetrennt, geöffnet und möglicherweise ihr Gehirn verspeist worden sein.
Der älteste Armbruch ließ sich an den Skelettresten des berühmten Neandertalers aus dem Neandertal bei Düsseldorf-Mettmann nachweisen. Diesem Menschen war vor etwa 70 000 Jahren bei einem Kampf oder Oberfall der linke Unterarm gebrochen worden. Der Bruch ist zwar verheilt, aber so, daß der Arm verkürzt wurde und unnatürlich zum Körper gewinkelt war. Dieser Neandertaler hatte außerdem Verletzungsspuren am Schädel, die von Gewalteinwirkungen stammen.
Besonders viele Hiebverletzungen an Schädeln erkannte man unter den Kopfbestattungen aus der Mittelsteinzeit früher als 5500 v. Chr. in der Großen Ofnethöhle bei Nördlingen (Bayern). Von den insgesamt 33 Schädeln von Männem, Frauen und Kindern weisen fünf Verletzungen durch eine Hiebwaffe auf. An weiteren zehn Schädeln wurden Spuren beobachtet, die sich mehr oder minder als Hiebverletzungen deuten lassen. Schnittspuren an den Halswirbeln belegen, daß die Schädel mit Gewalt vom Hals getrennt wurden.
Die ältesten Armbrüche aus der Jungsteinzeit (vor etwa 5500 bis 2000 v. Chr.) kennt man aus der Linienbandkeramischen Kultur (etwa 5500 bis 4900 v. Chr.). Bei einem Mann vom Viesenhäuser Hof bei Stuttgart-Mühlhausen ist der gebrochene Unterarm gut verheilt, bei einem anderen Mann aus Westeregeln unweit von Magdeburg dagegen wuchs der gebrochene Unterarm wieder schief zusammen.
Der älteste Erstickungstod eines Kindes ist aus der Zeit der erwähnten Linienbandkeramischen Kultur bekannt. Es handelt sich um ein Kind aus dem Ortsteil Zauschwitz von Weideroda in Sachsen, das unter einer zusammengebrochenen Hüttenwand verschüttet wurde.
Die meisten Hiebspuren von Steinbeilen aus der Jungsteinzeit stellte man an den Skeletten im Massengrab von Talheim bei Heilbronn (Baden-Württemberg) fest. Dort wurden die Skelettreste von mindestens 34 Männern, Frauen, Jugendlichen und Kindern aus der Linienbandkeramischen Kultur ohne erkennbare Ordnung vorgefunden. Sie waren offensichtlich die Opfer eines Überfalls.
Der älteste Unterkieferbruch in Deutschland wurde an einer Bestattung der Trichterbecher-Kultur (vor etwa 4300 bis 3000 v. Chr.) von Henglarn bei Paderborn in Nordrhein-Westfalen beobachtet. Er ist gut verheilt.
Der älteste Rippenbruch wurde bei einem Angehörigen der erwähnten Trichterbecher-Kultur festgestellt, der auf der Insel Liepse im Krakower See bei Güstrow in Mecklenburg bestattet worden war. Er hatte sich zu Lebzeiten alle Rippen und ein Bein gebrochen und litt wahrscheinlich zeitweise unter stechenden Schmerzen. Die gebrochenen Knochen sind wieder geheilt, und der Mann hat diese schweren Verletzungen überlebt.
Die frühesten Finger- und Zehenbrüche sind aus Steinkammergräbern der Wartberg-Gruppe (etwa 3500 bis 2800 v. Chr.) von Altendorf und Calden in Hessen bekannt. Sie sind verheilt.
Die ältesten Schußverletzungen kennt man bei Angehörigen der Chamer Gruppe und der Walternienburg-Bernburger Kultur. Diese beiden Kulturen der Jungsteinzeit dauerten etwa von 3500 bis 2700 v. Chr. Die Schußverletzung aus der Chamer Gruppe wurde auf dem Scheitelbein eines erwachsenen Mannes aus Moosham bei Regensburg in Bayern festgestellt. Dabei handelt es sich um ein spitzovales Loch von 1,2 x 0,8 Zentimeter Größe. Die Schußverletzung aus der Walternienburg-Bernburger Kultur ließ sich am Oberarm eines Mannes aus Niederbösa in Thüringen nachweisen. Im Knochen steckte noch die Pfeilspitze aus Feuerstein, trotzdem ist die Wunde verheilt.
Der älteste Wadenbeinbruch wurde bei einem Mann der Glockenbecher-Kultur (vor etwa 2500 bis 2200 v. Chr.) im Ortsteil Kötzschen von Merseburg (SachsenAnhalt) beobachtet. Außer dem Wadenbein waren auch die linke Speiche, die Elle und eine Rippe gebrochen und verheilt.
Die früheste Operation in der Geschichte der Menschheit wurde vielleicht schon zur Zeit der späten Neandertaler vor mehr als 50 000 Jahren vorgenommen. Es handelt sich möglicherweise um die Amputation eines Armes an einem Neandertaler, dessen Skelettreste in Shanidar (Irak) gefunden wurden. Der Arm war entweder krank oder verletzt gewesen. Einige Anthropologen bezweifeln allerdings, daß eine Amputation vorliegt.
Als eine der ersten mißlungenen Schädeloperationen gilt der Eingriff am Schädel eines Bauern der Linienbandkeramischen Kultur (vor etwa 5500 bis 4900 v. Chr.) aus dem Gräberfeld von Höhnheim-Suffelsweyersheim im Elsaß (Frankreich). Die Feuersteinklinge, mit der die Operation vorgenommen wurde, steckte noch im Schädel. Derartige Schädeloperationen, bei denen man das Schädeldach mit Feuersteinwerkzeugen öffnete, bezeichnet man als Trepanation.
Die früheste Einrichtung und Ruhigstellung eines gebrochenen Armes kennt man aus der Zeit der erwähnten Linienbandkeramischen Kultur. Sie erfolgte bei einem Mann aus dem Gräberfeld vom Viesenhäuser Hof bei Stuttgart-Mühlhausen, dessen linker Unterarm gebrochen war und dank medizinischer Fürsorge gut verheilt ist.
Die ältesten Schulen für Schädelchirurgen gab es im Lozère-Tal in Südfrankreich. Dort ist nach Ansicht des Berliner Anthropologen Herbert Ullrich die Kunst der Schädeloperation (Trepanation) entwickelt und weiterentwickelt worden. Dies könnte bereits um 4500 v. Chr. geschehen sein.
Als die ältesten Medizinfläschchen gelten die aus Ton modellierten Kragenflaschen der Trichterbecher-Kultur (vor etwa 4300 bis 3000 v. Chr.) in Norddeutschland. Ein solches kleines kugeliges Gefäß mit engem Hals aus Gellenerdeich bei Oldenburg (Niedersachsen) hatte Schwefel enthalten, der im Altertum als Medizin gegen mancherlei Krankheiten diente.
Die meisten gelungenen Schädeloperationen (Trepanation) der Jungsteinzeit (vor etwa 5500 bis 2000 v. Chr.) in Mitteleuropa erfolgten zur Zeit der Trichterbecher-Kultur (vor etwa 4300 bis 3000 v. Chr.), der Walternienburg‑Bernburger Kultur (vor etwa 3200 bis 2800 v. Chr.) und der Schnurkeramischen Kultur (vor etwa 2800 bis 2400 v. Chr.). Die von Medizinmännern der Walternienburg-Bernburger Kultur vorgenommenen Schädeloperationen sind - nach den Funden mit verheilten Wundrändern zu schließen - etwa zu 90 Prozent gelungen. Zu solchen Eingriffen entschloß man sich bei schweren Krankheiten oder bei Schädelverletzungen. Damit der Patient die Schmerzen besser ertragen konnte, dürfte man ihm ein berauschendes Getränk gegeben haben.
Die älteste mißlungene Schädeloperation aus der Schweiz kennt man aus der Zeit der Cortaillod-Kultur (vor etwa 4000 bis 3500 v. Chr.). Sie wurde an einer Frau aus dem Gräberfeld Barmaz II im Kanton Wallis kurz vor oder nach dem Tode in Nähe der Augenhöhle vorgenommen. Die Knochenränder der Öffnung zeigen keine Heilungsspuren.
Die älteste gelungene Behandlung eines Kieferbruches wurde bei einer Frau der Schnurkeramischen Kultur (vor etwa 2800 bis 2400 v. Chr.) aus Braunsberg in Brandenburg beobachtet. Ihr Unterkiefer war auf beiden Seiten gebrochen und ist wieder problemlos zusammengewachsen. Dies ist ohne sorgfältige medizinische Behandlung nicht denkbar.
Die meisten mißglückten Schädeloperationen der Urgeschichte gab es zur Zeit der bronzezeitlichen Aunjetitzer Kultur (vor etwa 2000 v. Chr.). Damals sind - im Gegensatz zur Jungsteinzeit - nur noch etwa 72 Prozent der Schädeloperationen gelungen. Die Ursache für diese geringere Heilungsquote ist unbekannt.
Die erste Schädeloperation in Ägypten ist nach 1500 v. Chr. zur Zeit der 18. Dynastie erfolgt.
Die früheste Schädeloperation der Inkas am Titikakasee wurde um 1000 v. Chr. vorgenommen.
Die ältesten künstlichen Zähne kennt man von den Etruskern in Italien aus der Zeit vom 8. bis 4. Jahrhundert v. Chr. Funde aus Gräbern beweisen, daß die Etrusker künstliche Zähne mit feinen Goldbändern an den benachbarten stabilen Zähnen befestigten. So verfuhr man auch mit losen menschlichen Zähnen. Künstliche Zähne wurden unter anderem aus Kalbszähnen sorgfältig zurechtgefeilt. Mit diesen Ersatzzähnen konnte man zwar nicht gut beißen, aber sie sahen besser aus als eine Lücke.
Der älteste Fund eines Verbandes stammt aus der älteren Vorrömischen Eisenzeit nach 800 v. Chr., die in Mitteleuropa als Hallstatt-Zeit bezeichnet wird. Mit diesem Verband war der nach einer Verletzung vereiterte Arm eines Menschen umhüllt gewesen, dessen Skelettreste in der Schachthöhle bei Rückersdorf unweit von Nürnberg (Bayern) geborgen wurden. Von dem Verband wurden Reste von Leinfasern nachgewiesen. Außerdem beobachtete man Spuren von Weizenmehl, das man auf den Arm gestreut hatte, der später amputiert wurde.